Erdrutsch abgesichert- Erdkriechen nicht?

Erdrutsch in der Wohngebäudeversicherung – was wirklich dahintersteckt und warum ein aktuelles BGH-Urteil so wichtig ist

Wenn plötzlich Risse in der Fassade, abgesackte Terrassenplatten oder verschobene Mauern auftreten, fragt man sich als Hausbesitzer sofort: Was ist da passiert? Viele denken in diesem Moment an einen Erdrutsch – ein Naturereignis, das das eigene Zuhause massiv beschädigen kann. Doch die Realität ist oft komplexer. Nicht jede Erdbewegung ist gleich ein Erdrutsch im geologischen Sinne. Und genau hier beginnt das Problem: Die Unterscheidung zwischen Erdrutsch und Erdkriechen sorgt seit Jahren für Streitfälle in der Wohngebäudeversicherung.

Damit du verstehst, warum dieses Thema so wichtig ist – und warum ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) die Situation für Versicherte deutlich verbessert hat – beleuchten wir das Ganze einmal ausführlich, leicht verständlich und mit dem Blick darauf, was das für deine eigene Wohngebäudeversicherung bedeutet.


Was ist überhaupt ein Erdrutsch?

Unter einem Erdrutsch versteht man im klassischen Sinne ein plötzliches, dynamisches Ereignis, bei dem Erd- oder Gesteinsmassen abrupt ihren Standort verändern. Dieser Vorgang ist meist gut sichtbar, geht schnell vonstatten und kann große Schäden verursachen. In vielen Wohngebäudeversicherungen mit Elementarschadenschutz gehört der Erdrutsch zu den versicherten Naturgefahren.

Typische Merkmale eines Erdrutsches:

  • schnelle Erdbewegung
  • spürbares oder sichtbares Ereignis
  • häufig Hanglagen betroffen
  • deutliche Schäden am Gebäude

So weit, so klar – zumindest auf den ersten Blick.


Der Begriff „Erdkriechen“ – das unscheinbare Problem

Während ein Erdrutsch schlagartig passiert, ist das Erdkriechen ein völlig anderer Prozess. Hier handelt es sich um langsame, oft über Monate oder Jahre verlaufende Erdbewegungen, die für das menschliche Auge zunächst kaum wahrnehmbar sind. Statt eines sichtbaren Ereignisses stellst du oft erst viel später fest, dass etwas nicht stimmt – nämlich dann, wenn plötzlich Risse entstehen oder Mauern sich verschieben.

Erdkriechen ist:

  • schleichend
  • langsam
  • für Laien nicht erkennbar
  • erst durch Schäden sichtbar

In der Geologie wird sehr strikt zwischen Erdrutsch und Erdkriechen unterschieden. Und genau diese Unterscheidung war jahrelang der Grund für abgelehnte Versicherungsleistungen – selbst wenn eindeutig erkennbar war, dass das Gebäude durch eine Erdbewegung beschädigt wurde.


Der konkrete Versicherungsfall – und warum er so wichtig ist

Ein Versicherungsnehmer bemerkte Risse an seiner Terrasse und am Gebäude selbst. Beides lag an einem Hang – ein sensibler Bereich, in dem Erdbewegungen häufiger vorkommen. Für ihn war klar: Hier muss ein Erdrutsch stattgefunden haben! Also meldete er seiner Wohngebäudeversicherung den Schaden.

Die Antwort des Versicherers war ernüchternd:
„Erdrutsch ist versichert – Erdkriechen jedoch nicht.“

Da es sich laut geologischer Bewertung nicht um einen „dynamischen Erdrutsch“, sondern um „schleichendes Erdkriechen“ handelte, verweigerte die Versicherung die Zahlung.


Der Weg durch die Instanzen – zwei Niederlagen, bevor Gerechtigkeit kam

Der Fall ging vor Gericht – und zwar bis ganz nach oben:

  1. Erste Instanz: Urteil zugunsten des Versicherers
  2. Zweite Instanz: ebenfalls zugunsten des Versicherers
  3. Dritte Instanz (BGH): plötzlich eine völlig andere Sichtweise

Sowohl das Erst- als auch das Berufungsgericht argumentierten:
„Geologisch ist es kein Erdrutsch. Also besteht kein Versicherungsschutz.“

Das war jahrelang die Standardargumentation vieler Versicherer. Doch der Fall nahm eine überraschende Wendung.


Das BGH-Urteil – ein Meilenstein für Versicherte

Der Bundesgerichtshof entschied deutlich verbraucherfreundlicher:

Laien müssen geologische Feinunterschiede nicht kennen.

Der BGH argumentierte sinngemäß:

  • Ein normaler Versicherungsnehmer kann nicht beurteilen, ob ein Schaden durch „Erdkriechen“ oder „Erdrutsch“ entstanden ist.
  • Für Verbraucher ist beides eine Erdbewegung, die das Gebäude schädigt.
  • Bei der Auslegung der Versicherungsbedingungen ist maßgeblich, was ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer versteht, nicht was Geologen definieren.

Damit hatte der Versicherte am Ende doch Anspruch auf Leistung.

Dieses Urteil ist wegweisend. Es stärkt die Position aller Versicherten, die mit ähnlichen Schäden kämpfen – insbesondere in Hanglagen, Neubaugebieten, Regionen mit Starkregen oder Gebieten mit weichem Untergrund.


Was bedeutet das für dich und deine Wohngebäudeversicherung?

Das Urteil macht klar:
Wenn dein Gebäude durch eine Erdbewegung beschädigt wurde, darf der Versicherer nicht automatisch mit der Begründung „Das war Erdkriechen, kein Erdrutsch“ ablehnen.

Für dich bedeutet das:

  • mehr Rechtssicherheit im Schadenfall
  • stärkere Verbraucherrechte
  • bessere Position gegenüber Versicherern
  • höhere Chancen auf Regulierung

Gerade, wenn du in einem Hanggebiet, einem aufgefüllten Baugebiet oder in Regionen mit vielen Starkregenereignissen wohnst, ist der Elementarschadenschutz enorm wichtig.


Warum du unbedingt den Baustein Elementarschäden in deiner Wohngebäudeversicherung haben solltest

Immer mehr Schäden entstehen durch:

  • aufgeweichten Boden nach Dauerregen
  • Hangrutschungen
  • langsame Bodenbewegungen
  • Starkregen und Überschwemmungen

Der Elementarbaustein schützt dich vor hohen finanziellen Belastungen und deckt u. a.:

  • Erdrutsch
  • Erdsenkung
  • Erdfall
  • Überschwemmung
  • Rückstau
  • Schneedruck
  • Lawinen
  • Erdbeben

Ohne diesen Zusatz kann ein Schaden schnell existenzbedrohend werden.


Fazit: Das BGH-Urteil schützt Hausbesitzer – und zeigt, wie wichtig richtige Absicherung ist

Das Urteil zeigt eindeutig:
Versicherungsbedingungen müssen verständlich sein.

Wenn du als Hausbesitzer einen Schaden durch Erdbewegungen erleidest, darf dir nicht zugemutet werden, eine geologische Fachanalyse vorzunehmen. Das stärkt dich im Schadenfall enorm – und zeigt gleichzeitig, wie wichtig es ist, eine gute Wohngebäudeversicherung mit Elementarschadenbaustein zu haben.

Ein wegweisendes Urteil zu Gunsten der Versicherten!

Bei Fragen zu deiner Wohngebäudeversicherung sprich uns gerne an!

FAQ zum Thema Erdrutsch, Erdkriechen & Wohngebäudeversicherung

1. Ist ein Erdrutsch in der Wohngebäudeversicherung automatisch mitversichert?

Nein, ein Erdrutsch ist nur dann versichert, wenn in deiner Wohngebäudeversicherung der Elementarschaden-Baustein eingeschlossen wurde. Ohne diesen Zusatz erhältst du im Schadenfall in der Regel keine Leistung.


2. Was ist der Unterschied zwischen Erdrutsch und Erdkriechen?

Ein Erdrutsch ist ein plötzliches, dynamisches Ereignis, bei dem sich Erdmassen sichtbar bewegen. Erdkriechen hingegen erfolgt langsam und schleichend, meist über Monate oder Jahre. Beide Ereignisse können Schäden verursachen, werden aber geologisch unterschiedlich bewertet.


3. Zahlt die Wohngebäudeversicherung auch bei Erdkriechen?

Die Regulierung hängt vom Tarif und vom Baustein Elementarschäden ab. Ein aktuelles BGH-Urteil stärkt jedoch die Position der Versicherten: Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer muss den geologischen Unterschied nicht kennen. Deshalb kann auch bei Erdkriechen ein Leistungsanspruch bestehen.


4. Wie erkenne ich, ob ein Schaden durch Erdrutsch oder Erdkriechen entstanden ist?

Als Laie ist das kaum feststellbar. Häufige Hinweise sind:

  • Risse in Wänden oder Terrassen
  • abgesackte Pflastersteine
  • schiefstehende Mauern
  • ungleichmäßig abgesackte Bodenplatten
    Im Zweifel sollte ein Sachverständiger hinzugezogen werden.

5. Muss ich Erdrutsch und Erdkriechen gesondert versichern?

Nein. Beides fällt unter den Elementarschadenbaustein. Sobald dieser eingeschlossen ist, besteht grundsätzlich Versicherungsschutz – unabhängig davon, ob sich die Erde plötzlich oder schleichend bewegt hat.


6. Wie argumentieren Versicherungen bei abgelehnten Erdrutsch-Schäden?

Viele Versicherer berufen sich auf geologische Definitionen und behaupten, es liege kein Erdrutsch, sondern Erdkriechen vor – was nicht versichert sei. Das BGH hat diese Auslegung jedoch deutlich eingeschränkt und die Verbraucherrechte gestärkt.


7. Warum ist der Elementarbaustein so wichtig, wenn ich in Hanglage wohne?

Hanglagen sind anfälliger für Bodenbewegungen, insbesondere nach Starkregen. Ohne Elementardeckung riskierst du hohe Kosten, da selbst kleine Erdverschiebungen große Gebäudeschäden verursachen können.


8. Werden Schäden an Terrasse, Einfahrt oder Gartenanlagen ebenfalls ersetzt?

Das hängt vom Tarif ab. Moderne Wohngebäudeversicherungen ersetzen oft auch Schäden an:

  • Terrassen
  • Stützmauern
  • Einfahrten
  • Gartenmauern
  • Zuwegungen
    Es lohnt sich, den eigenen Vertrag regelmäßig zu prüfen.

9. Was bedeutet das BGH-Urteil für zukünftige Schadenfälle?

Das Urteil bedeutet, dass Versicherer die geologische Definition nicht mehr einfach gegen Versicherte verwenden dürfen. Entscheidend ist, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer den Begriff „Erdrutsch“ versteht – und der unterscheidet nicht zwischen abrupten und schleichenden Erdbewegungen.


10. Was sollte ich tun, wenn ich Risse oder Bodenbewegungen bemerke?

Du solltest:

  1. den Schaden sofort der Versicherung melden,
  2. Fotos und Videos anfertigen,
  3. keine Reparaturen ohne Rücksprache vornehmen,
  4. bei Bedarf einen unabhängigen Gutachter hinzuziehen.

Je schneller du reagierst, desto besser stehen deine Chancen auf eine reibungslose Regulierung.


11. Zahlt die Versicherung, wenn die Ursache unklar ist?

Ja, zumindest teilweise kann ein Anspruch entstehen. Versicherungsnehmer müssen nicht beweisen, ob es Erdrutsch oder Erdkriechen war. Es reicht der Nachweis, dass Erde in Bewegung geraten ist und dadurch ein Schaden entstanden ist.


12. Können auch Neubauten von Erdrutsch oder Erdkriechen betroffen sein?

Ja. Besonders aufgeschüttete Baugründe, Hanglagen oder Gebiete mit schlechter Entwässerung sind gefährdet. Neubauten sind keine Garantie gegen Bodenbewegungen – im Gegenteil, der Boden ist dort oft noch nicht vollständig gesetzt.


13. Wie kann ich mich zusätzlich schützen?

Neben der Wohngebäudeversicherung hilft:

  • regelmäßige Hangkontrolle
  • Drainage- und Entwässerungssysteme
  • Stützmauern oder Hangbefestigungen
  • frühzeitige Baugutachten bei Neubauten

Ein Versicherungsvertrag ersetzt jedoch keinen baulichen Schutz.


14. Ist ein Erdrutsch durch Starkregen versichert?

Ja – sofern der Elementarbaustein aktiv ist. Gerade Starkregen ist eine häufige Ursache für aufgeweichten Boden und nachrutschende Erdschichten.


15. Wie hoch können die Kosten bei Erdrutsch-Schäden sein?

Die Schäden reichen von einigen tausend Euro für kleine Risse bis hin zu vollständigen Gebäudeverlusten im sechs- oder siebenstelligen Bereich. Genau deshalb ist die Elementarschadenversicherung so unverzichtbar.