Ab 20 km/h versicherungspflichtig: Was das neue PflVG für Betriebe bedeutet
Seit dem 17. April 2024 gibt es eine wichtige Änderung im Pflichtversicherungsgesetz (PflVG), die viele Unternehmen betrifft – vor allem jene, die mit selbstfahrenden Arbeitsmaschinen oder Gabelstaplern arbeiten. Konkret geht es um Fahrzeuge, die schneller als 20 km/h fahren können, auch wenn sie ausschließlich auf Betriebsgelände eingesetzt werden.
Viele Betriebe sind unsicher, was das für sie bedeutet und welche Schritte sie jetzt einleiten müssen. In diesem Beitrag erfährst Du, was genau das PflVG regelt, warum die Neuerung so entscheidend ist und wie Du rechtliche Risiken vermeidest.
Was ist das Pflichtversicherungsgesetz (PflVG)?
Das PflVG ist ein deutsches Gesetz, das regelt, welche Fahrzeuge eine Haftpflichtversicherung benötigen. Grundgedanke: Wer ein Fahrzeug führt, kann Schäden bei Dritten verursachen – sei es an Menschen, Sachen oder am Vermögen. Damit Geschädigte nicht ohne Entschädigung dastehen, schreibt der Staat eine Pflichtversicherung vor.
Bisher galt diese Pflicht in erster Linie für Fahrzeuge im öffentlichen Straßenverkehr. Doch durch die Neuregelung werden nun auch bestimmte Maschinen auf rein innerbetrieblichen Flächen einbezogen.
Was hat sich im April 2024 geändert?
Ursprünglich wollte der Gesetzgeber alle Arbeitsmaschinen und Gabelstapler versicherungspflichtig machen, auch wenn sie nur auf Betriebsgelände fahren. Nach Protesten wurde diese Regelung abgeschwächt.
Die finale Version sieht so aus:
- Bis 20 km/h Höchstgeschwindigkeit: keine Versicherungspflicht auf nicht-öffentlichem Gelände.
- Über 20 km/h Höchstgeschwindigkeit: klare Versicherungspflicht, auch wenn das Fahrzeug nie eine öffentliche Straße befährt.
Damit gilt: Wer einen schnellen Gabelstapler, Radlader oder eine andere Arbeitsmaschine mit mehr als 20 km/h betreibt, muss zwingend eine Kfz-Haftpflichtversicherung abschließen.
Warum wurde das geändert?
Das Gesetz unterscheidet nicht mehr nach Einsatzort oder Fahrzeugtyp. Eine Maschine, die mehr als 20 km/h schafft, wird rechtlich wie ein normales Kraftfahrzeug behandelt – egal ob auf der Straße oder auf einem eingezäunten Betriebsgelände.
Der Hintergrund: Auch auf Privatgelände können Unfälle passieren, die für Dritte schwerwiegende Folgen haben. Ohne Pflichtversicherung könnte es im Ernstfall zu existenzbedrohenden Schadensersatzforderungen kommen.
Welche Mindestdeckungssummen gelten?
Die Pflichtversicherung muss bestimmte Mindestdeckungssummen erfüllen. Diese sind im Gesetz festgeschrieben:
- 7,5 Mio. Euro für Personenschäden
- 1,3 Mio. Euro für Sachschäden
- 50.000 Euro für reine Vermögensschäden
Diese Beträge erscheinen hoch, sind aber im Ernstfall schnell erreicht – zum Beispiel, wenn ein Mitarbeiter durch einen Unfall dauerhaft geschädigt wird.
Was bedeutet das für Betriebe konkret?
Wenn Du Halter eines solchen Fahrzeugs bist, musst Du:
- Prüfen, ob das Fahrzeug schneller als 20 km/h fährt.
- Falls ja: eine Kfz-Haftpflichtversicherung abschließen.
- Sicherstellen, dass der Nachweis jederzeit vorliegt – auch wenn das Fahrzeug keine Zulassung benötigt.
Wichtig: Die Zulassungspflicht besteht nicht, ebenso wenig eine Kennzeichnungspflicht. Aber die Versicherungspflicht bleibt.
Welche Strafen drohen bei Verstößen?
Das Fahren ohne Versicherung ist eine Straftat. Je nach Schwere können diese Strafen drohen:
- Bei Vorsatz: Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 1 Jahr.
- Bei Fahrlässigkeit: Freiheitsstrafe bis zu 6 Monate oder Geldstrafe.
Für Unternehmen kann das nicht nur finanzielle, sondern auch existenzielle Risiken bedeuten – etwa durch Schadenersatzforderungen oder den Verlust von Aufträgen.
Kritik aus der Praxis
Viele Betriebe empfinden die Neuregelung als zu streng. Besonders der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) fordert, dass für Fahrzeuge, die nur auf innerbetrieblichen Flächen eingesetzt werden, wieder eine Ausnahme gelten soll.
Solange das nicht passiert, gilt aber:
👉 Betriebe müssen handeln und ihre Flotten prüfen.
Fazit
Das neue PflVG sorgt dafür, dass Fahrzeuge mit mehr als 20 km/h Höchstgeschwindigkeit künftig nicht mehr ohne Versicherung bewegt werden dürfen – selbst wenn sie nur auf dem Hof oder in einer Halle genutzt werden.
Für Dich als Unternehmer heißt das: Jetzt handeln, Versicherung prüfen, Lücken schließen.
Wenn Du Dir unsicher bist, ob Deine Maschinen betroffen sind, sprich uns gerne an – wir prüfen Deine Verträge und sorgen dafür, dass Du rechtlich auf der sicheren Seite bist.
FAQ zum neuen PflVG und der Versicherungspflicht ab 20 km/h
1. Was genau ist das PflVG?
Das Pflichtversicherungsgesetz (PflVG) schreibt vor, dass bestimmte Fahrzeuge eine Haftpflichtversicherung haben müssen, um Dritte bei Unfällen abzusichern.
2. Seit wann gilt die neue Regelung?
Die Anpassung trat am 17. April 2024 in Kraft.
3. Welche Fahrzeuge sind betroffen?
Alle selbstfahrenden Arbeitsmaschinen und Gabelstapler mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit über 20 km/h, unabhängig vom Einsatzort.
4. Muss ich auch für langsame Stapler bis 20 km/h eine Versicherung abschließen?
Nein, diese sind von der neuen Pflicht ausgenommen, solange sie nur auf nicht-öffentlichem Gelände fahren.
5. Gilt die Pflicht auch, wenn das Fahrzeug nie öffentliche Straßen befährt?
Ja. Entscheidend ist die Geschwindigkeit, nicht der Einsatzort.
6. Muss das Fahrzeug zugelassen oder gekennzeichnet werden?
Nein. Eine Zulassungspflicht besteht nicht, die Versicherungspflicht aber schon.
7. Welche Deckungssummen sind vorgeschrieben?
Mindestens 7,5 Mio. € für Personenschäden, 1,3 Mio. € für Sachschäden und 50.000 € für Vermögensschäden.
8. Welche Strafen drohen ohne Versicherung?
Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr (bei Vorsatz) bzw. bis zu sechs Monate (bei Fahrlässigkeit).
9. Gibt es noch Diskussionen über Ausnahmen?
Ja. Branchenverbände wie der GDV setzen sich für Ausnahmen bei rein innerbetrieblichen Einsätzen ein – bisher aber ohne Erfolg.
10. Was sollte ich als Betrieb jetzt tun?
Prüfe Deine Fahrzeuge, kläre die Versicherungspflicht und schließe bei Bedarf sofort eine Haftpflichtversicherung ab, um rechtliche und finanzielle Risiken zu vermeiden.