Nürnberger führt Verkaufsgespräche

NÜRNBERGER Versicherungsgruppe in Verkaufsgesprächen: Wie die Zusammenarbeit mit der Vienna Insurance Group (VIG) aussehen könnte

Die NÜRNBERGER Versicherungsgruppe hat am Freitagmorgen, den 08.08.2025, bekannt gegeben, dass sie sich derzeit in Verhandlungen über eine strategische Zusammenarbeit mit der Vienna Insurance Group (VIG) befindet. Diese Gespräche sind eine Weiterentwicklung der ergebnisoffenen Prüfung der Unternehmensstrategie, die bereits am 14. Mai 2025 kommuniziert wurde. Der Vorstand der NÜRNBERGER hat sich entschieden, die Gespräche mit der VIG zu vertiefen, wobei ein möglicher Erwerb einer „kontrollierenden Mehrheitsbeteiligung“ durch die österreichische Versicherungsgruppe im Raum steht.

Der Hintergrund der Gespräche

Im Mai 2025 hatte die NÜRNBERGER ein negatives Konzernergebnis von -77 Millionen Euro im Geschäftsjahr 2024 bekannt gegeben. Um die Zukunft des Unternehmens zu sichern, wurde die bisher verfolgte Strategie der Unabhängigkeit einer gründlichen Prüfung unterzogen. Ziel war es, festzustellen, ob diese Strategie angesichts der wirtschaftlichen und marktbedingten Herausforderungen weiterhin im besten Interesse des Unternehmens liegt. In den darauf folgenden Wochen führte die NÜRNBERGER Gespräche mit mehreren Versicherern, die Interesse an einer Beteiligung zeigten.

Die Entscheidung für die Vienna Insurance Group

Nach Auswertung der Gespräche fiel die Wahl auf die Vienna Insurance Group (VIG), die bereits in Zentral- und Osteuropa eine führende Position innehat. Die Entscheidung, die Gespräche mit der VIG zu intensivieren, wurde durch verschiedene strategische Faktoren und finanzielle Indikatoren beeinflusst. Besonders hervorzuheben sind die Zusagen der VIG zur Standortsicherung sowie zum Erhalt der Marke und Identität der NÜRNBERGER. Der nächste Schritt wird eine Due-Diligence-Prüfung sein, um die Details einer möglichen Transaktion zu klären.

Die NÜRNBERGER erklärte, dass die Verhandlungen noch offen sind und das Ergebnis sowie das Zustandekommen der Transaktion ungewiss bleiben. Eine finale Entscheidung über eine mögliche Beteiligung wird voraussichtlich im vierten Quartal 2025 getroffen.

Die Reaktion an der Börse und der Unternehmenswert

Nach Bekanntgabe der potenziellen strategischen Zusammenarbeit stieg die NÜRNBERGER-Aktie deutlich. Die Aktie legte im Verlauf des Freitagvormittags rund 14 % zu, nachdem sie zu Beginn des Handelstags noch bei 52,60 Euro lag und bis etwa 10 Uhr auf etwa 60 Euro anstieg. Der Unternehmenswert der NÜRNBERGER beläuft sich derzeit auf rund 600 Millionen Euro. Der Versicherer hat eine Vielzahl an großen Aktionären, darunter die Munich Re, die Neue SEBA Beteiligungsgesellschaft sowie die Versicherungskammer Bayern und die japanische Daido Life Insurance Company.

Die Ursache für die finanzielle Schieflage

Das negative Konzernergebnis im Jahr 2024 wurde vor allem durch hohe Verluste in der Schaden- und Unfallsparte verursacht. Die NÜRNBERGER verzeichnete ein Minus von 157,4 Millionen Euro, das insbesondere durch gestiegene Schadenaufwendungen aufgrund von Inflation und Großschäden sowie durch die Abwicklung von Vorjahresschäden verursacht wurde. Auch die Naturkatastrophen und Großschäden der letzten Jahre belasteten die Bilanzen erheblich.

Im Juni dieses Jahres erklärte Vorstandsmitglied Andreas Politycki, dass viele der Tarife in der Schaden- und Unfallsparte angesichts des Neugeschäfts zu knapp kalkuliert waren, was die finanziellen Schwierigkeiten weiter verschärfte.

Der Sanierungskurs der NÜRNBERGER

Trotz dieser Schwierigkeiten befindet sich die NÜRNBERGER auf einem klaren Sanierungskurs. CEO Harald Rosenberger konnte im Mai 2025 erste Erfolge berichten, wie etwa eine Schaden-Kosten-Quote von unter 100 % in der Kfz-Versicherung für das erste Quartal. Für das Jahr 2025 strebt die NÜRNBERGER ein positives Konzernergebnis von 40 Millionen Euro an. Im Bereich der Schadenversicherung wird eine Rückkehr zu einer positiven Entwicklung im Jahr 2027 angestrebt.

Fazit: Was bedeutet die Zusammenarbeit mit der VIG für die NÜRNBERGER?

Die Gespräche mit der Vienna Insurance Group könnten für die NÜRNBERGER eine strategische Neuausrichtung bedeuten. Eine mögliche Übernahme oder eine Beteiligung durch die VIG würde dem fränkischen Versicherer möglicherweise die notwendige finanzielle Unterstützung und Stabilität verschaffen, um in einem herausfordernden Marktumfeld langfristig bestehen zu können. Für die VIG stellt der Kauf von NÜRNBERGER eine interessante Möglichkeit zur Diversifikation ihres Portfolios dar, insbesondere in Deutschland.

Die Entscheidung über die zukünftige Ausrichtung des Unternehmens wird in den kommenden Monaten getroffen, wobei die NÜRNBERGER bestrebt ist, die Auswirkungen auf ihre Mitarbeiter und die Marke zu minimieren. Sollte die Zusammenarbeit mit der VIG tatsächlich zustande kommen, könnte dies sowohl für die österreichische Gruppe als auch für den deutschen Versicherer eine vielversprechende Entwicklung sein.